Jeden Tag ein Stückchen besser
„Bring den Müll runter!“, „Mach deine Hausaufgaben!“ oder „Wie sieht denn dein Zimmer schon wieder aus?“ sind meistens die ersten Dinge, die Kinder und Jugendliche hören, wenn es darum geht Verantwortung zu übernehmen. Früh werden wir mit ersten Aufgaben im Haushalt oder für die Schule beauftragt. Und nebenher sollen wir auch noch verantwortlich mit unserem Taschengeld umgehen und aufpassen, dass unsere kleineren Geschwister keinen Unsinn machen. Je älter und vielleicht auch klüger wir werden, umso mehr bekommen wir von diesen Aufgaben aufgetragen. Dabei fällt uns gerne das Unangenehme auf, wenn wir es als Pflicht wahrnehmen. Immerhin kennen wir Verantwortung hauptsächlich als Fingerzeig. Wir sehen in ihr vielmehr die mit ihr verbundenen Pflichten. Und wenn wir die nicht erfüllen, sind wir schuldig. Wer jetzt keine Lust mehr auf Verantwortung hat, ist in guter Gesellschaft.
Aber genauso wenig allein sind wir, wenn es darum geht Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Das mussten schon Adam und Eva, berichtet die Bibel. Eigentlich ist die Geschichte von uns Menschen auch als Geschichte von Verantwortung und Problemlösungen zu begreifen. Hätten wir in den Apfel vom Baum der Erkenntnis beißen sollen? Sollte ich dem Mann auf der Straße Almosen geben? Ist es richtig schon wieder zur Pizzeria zu gehen oder das Auto statt dem Bus zu nehmen? Nicht jede Frage lässt sich immer eindeutig und sofort beantworten. Womöglich fehlt uns Wissen und Erfahrung oder einfach der Mut, mal einen Fehler zu machen.
Am Ende sind diese Fragen ein wichtiger Teil dessen, was wir „erwachsen sein“ nennen. Zumindest gilt das für die wichtigen Fragen unseres Lebens. Ob jetzt die Frage nach einem gemischten Salat oder einer Pizza darüber entscheidet, ob wir erwachsen sind, sei mal dahingestellt. Aber die Tatsache, dass wir uns schuldig nach einem Fressgelage fühlen, verrät, dass wir uns selbst gegenüber verantwortlich und ein wenig schuldig fühlen. Seine eigene Freiheit richtig einzusetzen, ist nicht immer einfach. Unseren eigenen Zielen und Wünschen müssen wir immerhin gegenüberstehen, wenn wir sie erreichen wollen. Sozusagen ist unser Gewissen eine wichtige Richtschnur für unsere Ziele.

Verantwortung für die Schöpfung tragen wir auch durch Mülltrennung. Manchmal gehen unsere großen Vorsätze aber auch daneben.
Während wir, wenn wir noch jung sind, uns schnell fremdgesteuert fühlen, werden wir danach gefühlt geradezu mit eigenverantwortlichem Handeln erschlagen. Gefühlt müssen wir uns eigentlich um die ganze Welt kümmern. In der eigenen Wohnung ist es schon keine schlechte Idee selbst an den Müll zu denken. Wir hören, dass die Meeresspiegel steigen, den Rassismus in den Medien und woher kommt diese Pizza mal wieder?
Wir haben nicht unendlich viel Zeit und Energie. Daher ist es wichtig, dass selbst entschieden wird, womit wir unsere Zeit verbringen. Wer seine Verantwortung gegenüber Tieren und der Umwelt erkennt und sie wahrnehmen will, kann zum Beispiel seinen Fleischkonsum überdenken oder sich mit anderen zusammenschließen, um effektiv etwas gegen die Rodung von Wäldern zu unternehmen. Es gibt viele Möglichkeiten seinen eigenen Weg in diesen Fragen zu finden.
In der Politik ist das nicht anders. Nichtsdestotrotz werden nicht alle Problemstellungen für jeden zufriedenstellend beantwortet. Gerade in der Klimapolitik ist das momentan besonders spürbar. Jugendliche schaffen es Umweltfragen in den Fokus des Interesses zu rücken und das auf ganz großer Bühne. In diesem Fall wirkt es gerade so als wären die Rollen von Erwachsenen und Heranwachsenden vertauscht.
Ein Kern von Verantwortung liegt nun mal darin zu verstehen welche Auswirkungen unser Handeln hat. Dazu zählt, wie das, was wir tun, auf andere wirkt und zu verstehen in welcher Situation sich das Gegenüber befindet. Wenn wir wollen, dass Menschen bewusster Fleisch essen oder den Müll der Umwelt zu liebe trennen, hilft es mit Sicherheit nicht demjenigen nur Vorwürfe zu machen. Würdet ihr demütig sagen, dass ihr falsch lagt? Was also tun? Sachlich zeigen, welche Probleme zu hoher Fleischkonsum darstellt, ist naheliegend, aber wäre es nicht besser direkt eine Antwortmöglichkeit zu bieten? Zu sagen „Indem wir nur am Wochenende Fleisch essen, tun wir der Umwelt, den Tieren und unserem Geldbeutel was Gutes. Sollte Fleisch nicht etwas Besonderes sein?“ wirkt da schon besser als „Dein Fleischkonsum ist viel zu hoch. Tu mal was für deine Figur!“ Andere stark zu machen für Probleme und ihnen ein Gefühl von Kompetenz zu vermitteln hilft dabei, dass Verantwortung übernommen wird. Der beste Plan scheitert aber, wenn der Zeitpunkt nicht der richtige ist. Ein Freund oder eine Freundin mag bestimmt nicht gerade offen für ein Gespräch sein, wenn sie gestresst ist. Feingefühl gehört dazu.
Wer jetzt aber denkt, dass er für die ganze Welt Verantwortung übernehmen muss, der irrt. Zu viel macht uns fertig, weshalb es wichtig ist diese gut zu verteilen oder mal abzugeben: „Schwesterherz, kannst du diesmal den Müll runterbringen? Ich muss hier noch ganz wichtige Hausaufgaben machen!“ Am Ende zählt das richtige Maß und unser Wille etwas besser zu machen. Da mag es am Ende des Tages zwar nicht perfekt sein, wenn wir uns eine Pizza Peperoni gönnen, aber am Ende ist es im Vergleich nur ein Tropfen auf den heißen Ofenstein.
Alexander Schneider
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